Die bereits in mehreren Fällen erstinstanzlich entschiedene Mietzinsreduktion für Geschäftsräume während der angeordneten Betriebsschließungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, wird nun vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht bestätigt.
Mit der Entscheidung vom 17.2.2021 zu 39 R 27/21s des Landesgerichtes für ZRS Wien wird bestätigt, dass für Geschäftsräume, die durch die behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus geschlossen werden oder über die Betretungsverbote während der Lockdowns verhängt werden, keine Miete bezahlt werden muss. Wird der Gebrauch des Mietobjektes nur eingeschränkt, aber nicht gänzlich unmöglich, ist eine entsprechend angepasste reduzierte Miete zu bezahlen.
Im konkreten Fall geht es um eine Buchhandlung mit einer ebenerdigen Verkaufsfläche und einem Lagerraum im Souterrain. Auf den Verkaufsraum entfällt rund 77% der vereinbarten Miete und auf das Lager rund 23%. Der Buchhändler bezahlte im 1. Lockdown März und April 2020 die Miete zur Gänze, aber mit dem schriftlichen Vorbehalt der Rückforderung aufgrund des Mietzinsminderungsanspruches wegen des behördlich verhängten Betretungsverbotes für die Buchhandlung. Nachdem es zu keiner Einigung mit dem Vermieter kam, forderte der Buchhändler einen Teil der bezahlten Miete zurück.
Im Verfahren zeigte sich, dass der Buchhändler zwar für Stammkunden auch während des Lockdowns telefonisch und per E-Mail erreichbar war und Bestellungen zusandte, aber trotzdem bloß 2-5% des Umsatzes des Vergleichszeitraumes des Vorjahres erzielen konnte.
Das Berufungsgericht führte in seinem Urteil aus, dass der Corona-Virus eine Seuche im Sinne des § 1104 ABGB ist. Das behördliche Betretungsverbot ist darüber hinaus ein außerordentlicher Zufall im Sinne dieser Bestimmung. Der Gebrauch des Mietobjektes ist nicht aus einem dem Mieter zugestoßenen Hindernis oder Unglücksfall vereitelt worden. Das Mietobjekt konnte ohne Schuld des Mieters zum vereinbarten Gebrauch (als Buchhandlung) nicht oder nur sehr eingeschränkt benutzt werden. Der Mieter wird daher für die Zeit dieser Einschränkung von der Verpflichtung zur Mietzinszahlung ganz oder teilweise befreit.
Der Vermieter trägt das Risiko solcher Einschränkungen der Gebrauchsnutzung von Mietobjekten. Eine Aussendung der Justizministerin vom 23.3.2020 stellt klar, dass die Vermieter das Risiko nach § 1104 ABGB zu tragen haben. Die Gerichte halten sich an diese in § 1104 ABGB gedeckte politische Entscheidung, dass die Vermieter Mietzinsausfälle während der Lockdowns zu tragen haben.
Der Buchhändler hat zu Recht 64% des Mietzinses zurückgefordert. Er hätte vermutlich auch mehr zurück verlangen können.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Fixkostenzuschuss nicht dazu da ist, die Miete trotz Lockdown vollständig an den Vermieter zu bezahlen. Um einen Fixkostenzuschuss beantragen zu dürfen, hat der Mieter seiner Schadensminderungspflicht nachzukommen und beim Vermieter aktiv eine Mietzinsreduktion nach § 1104 ABGB geltend zu machen. Nur eine allfällig reduzierte Miete könnte mit dem Fixkostenzuschuss abgedeckt werden. Es ist nicht Sinn und Zweck des Fixkostenschusses auf eine gesetzlich zustehende Mietzinsminderung zu verzichten und den Vermieter aus Steuergeldern die volle Miete auch während der Lockdowns zu bezahlen.